Kälte

Natürliche Kältemittel auf dem Vormarsch

Donnerstag, 21.03.2024

Pilotprojekt im Bestand mit Ammoniak, NH3.

Quelle: Rütgers
Das Schema zeigt die neuen "R717"-Flüssigkeitskühlsätze in der Technikzentrale, die Schaltschränke und Komponenten des Gaswarnsystems sowie das Außen- und Fortluftsystem für den Fall eines Gasaustritts.

Mit einem Pilotprojekt bringt Audi am Standort Ingolstadt das Kältemittel "NH3" zurück in seinen Kältemaschinenpark. Interessant vor allem deshalb, weil der direkte Tausch einer Bestandskälteanlage mit "R134a" (1,1,1,2-Tetrafluorethan) realisiert wurde. Die Firma Rütgers aus Mannheim spielte dabei eine wichtige Rolle.

Eine der führenden deutschen Premiummarken ist Audi. Seit mehr als 70 Jahren baut das Unternehmen in Ingolstadt Automobile und hat dort seit 1985 seine Konzernzentrale. Am gleichen Standort befinden sich auch die technische Entwicklung sowie die weltweit größte Produktionsstätte des Konzerns. Folgerichtig braucht es am Stammsitz große Mengen Energie für Strom, Wärme und für Kälte. Der Historie des Standorts sei geschuldet, dass zahlreiche Energieanlagen auf den Stand der Technik erneuert werden müssen.

Die Ausgangssituation

Bei dem Pilotprojekt ging es um den Austausch von zwei Flüssigkeitskühlern (2 x 390 kW). Wie auch diese beiden arbeiten viele solcher Bestandsanlagen mit dem weit verbreiteten Kältemittel "R134a" der Sicherheitsklasse A1. Der grundlegende Unterschied zu einem natürlichen Kältemittel ist dessen hoher GWP-Wert („Global Warming Potential“, Treibhauspotential) von 1.430. Verglichen dazu liegt beispielsweise das Treibhauspotential für "R717" (Ammoniak) bei 0. Betrachtet man nun die CO2-Äquivalente für die beiden Flüssigkeitskühler in Ingolstadt, dann ergibt sich bei der Kältemittelbefüllung und Umstellung auf "R717" ein Einsparpotential von:

1.430 CO2-Äquivalente/kg x (2 x 120 kg Füllmenge) = 343 t CO2-Äquivalente.

Der Entscheidungsprozess

Das Ziel des Projekts bei Audi war ein 1:1 Austausch der beiden Bestandsanlagen. Vor allem deren erreichtes Alter, aber auch die Effizienz, Störanfälligkeit oder die langfristige Versorgungssicherheit, trugen zur Entscheidungsfindung bei. Im Laufe dieses Prozesses kam in der Planungsphase die Frage auf, welches alternative Kältemittel zum Einsatz kommen soll. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass "R134a" durch eine zukunftssichere Lösung abgelöst werden solle. Für die Fachplanung wurde das Ingenieurbüro Scholz beauftragt, dass im Rahmen der Planung verschiedene Kältemittelalternativen untersuchte und als Entscheidungsgrundlage der Audi AG vorlegte.

„Da wir bei diesem Projekt eine freistehende Kältezentrale hatten, die nur von geschultem Fachpersonal betreten wird, kamen wir früh auf die Idee, dass es sich für ein natürliches Kältemittel eignen könnte“, beschreibt Dieter Schelle den Entscheidungsprozess. Er ist in der Abteilung Energy/Building Technology Planning für die Planung der Kältetechnik im Werk Ingolstadt verantwortlich. Nach allen Abwägungen bezüglich Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Umweltschutz, Investitionskosten, Be-triebskosten und Aufstellbedingungen fiel die Entscheidung, dass natürliche Kältemittel Ammoniak ("R717") einzusetzen, obwohl dies mit Mehrkosten gegenüber anderen Kältevarianten verbunden war. Eine anschließende Marktanalyse durch Audi und das Ingenieurbüro Scholz ergab, dass eine Kältemaschine der Firma GEA besonders geeignet sein könnte. Diese ging nebst weiteren Alternativen in einer Ausschreibung in den Markt.

Die Wahl der Kältemaschine

Über diesen Weg ergab sich eine erneute Zusammenarbeit mit der Firma Rütgers GmbH & Co.KG aus Mannheim. Zunächst bestätigte Tino Leyrer, Vertriebsleiter Baden/Südpfalz, die bisherigen Überlegungen im Planungsprozess. „Auch aus unserer Sicht machte es Sinn, das alte Kältemittel "R134a" durch eine natürliche Alternative zu ersetzen. Da mit einer Anlagenlaufzeit von mehr als 20 Jahren zu rechnen ist, wäre unter der gegebenen Verordnungslage ein weiter wie bisher wenig nachhaltig, noch dazu riskant geworden.“ Dabei hatte Tino Leyrer auch immer die aktuellen Entwicklungen der F-Gase-Verordnung im Blick. Tatsächlich war bereits 2019, als der Planungsprozess b-gann, abzusehen, dass "R134a" als eines der nächsten halogenierten Kältemittel durch den „Phase-Down“ betroffen sein wird. Die Folgen für Audi als Betreiber, selbst bei Bestandsschutz: Ansteigende Kältemittelpreise über die lange Laufzeit, eventuell sogar Versorgungsengpässe und irgendwann das Verbot. Dann erst zu reagieren, wäre für ein Unternehmen wie Audi nicht akzeptabel.

Weiterführende Informationen: https://www.ruetgers.com

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