„Uns haben die ausgewählten wassergekühlten Flüssigkeitskühlsätze „BluAstrum“ des Herstellers GEA gut gefallen“, so Dieter Schelle. Von den Leistungsdaten und Abmessungen waren die beiden Aggregate nahezu identisch mit den Bestandsanlagen und für die Aufstell- und Anschlussbedingungen in der Kältezentrale gut geeignet. Weitere Änderungen des Kältesystems auf Seiten der Rückkühlung waren nicht vorgesehen. Gleiches galt für die Kaltwasserseite.
Kein unbekanntes Kältemittel
Mit Ammoniak hatte man bei Audi in Ingolstadt bereits in den 1980er Jahren Betriebserfahrungen gesammelt. Dann entwickelte sich das Anlagenangebot für synthetische Kältemittel rasant. Weil diese damals als sogenannte Sicherheitskältemittel eingestuft wurden, stellten viele Betreiber darauf um. Für Flüssigkeitskühler und Kaltwassersysteme wurde "R134a" zu einer der gängigsten Alternativen. So auch bei Audi. „In unserem Werk wurden in den vergangenen Jahrzehnten alle "R717" Kältemaschinen zurück gebaut. Darum hat unser Betriebspersonal keine Praxiserfahrungen mehr mit Ammoniak.“
Dennoch steht auch Anton Rohn zu 100 Prozent hinter der Wahl. Er ist der Betriebsverantwortliche für die Kälteversorgung im Werk, arbeitet ebenfalls in der Gruppe Energy/Building Technology Planning und ist daher im ständigen Austausch mit Dieter Schelle. „Wir waren uns schnell einig, dass dieses Projekt ideal als Pilot dafür geeignet ist, neue Erfahrungen und das notwendige Know-how zum Betrieb unserer Kältemaschinen mit Ammoniak aufzubauen.“
Dafür erhielt das Personal Sicherheitsschulungen von Rütgers zusammen mit GEA, aber auch über einen unabhängigen Sachverständigen, welcher ebenfalls in die Projektierung und spätere Inbetriebnahme mit eingebunden war. Denn "R717"-Kälteanlagen zählen gemäß Betriebssicherheitsverordnung zu den überwachungsbedürftigen Druckanlagen. Sie müssen vor einer erstmaligen Inbetriebnahme und dann in festgelegten Zeiträumen wiederkehrend geprüft werden.
Langfristig soll "R717" bei Audi in den Maschinenpark zurückkehren. Für den Anlagentausch oder für den Neubau. „Wir wollen mit diesem Pilotprojekt Erfahrungen sammeln, die Vor- und Nachteile abwägen, damit wir die Kälteversorgung in Ingolstadt überall dort auf natürliche Kältemittel umstellen können, wo es für uns unter allen Aspekten sinnvoll ist“, so Dieter Schelle und Anton Rohn.
Die Realisierung
Es klang bereits an: Der Planungsprozess für das Pilotprojekt startete bereits 2019 und für das Frühjahr 2022 war der Umbauzeitraum eingeplant. „Die Montageplanung kam gut voran“, erinnert sich Tino Leyrer. „Die vorgeschlagenen Kältemaschinen passten. Nach einer Prüfung des Aufstellraums waren alle Sicherheitsabstände eingehalten, Fluchtwege frei, Zusatzschulungen für das Betriebspersonal beschlossen. Dann kam die Pandemie und damit verbunden unerwartete Verzögerungen. „Zwar nicht bei unserem Lieferanten GEA, dafür waren bald Probleme mit Teilen der Messen-Steuern-Regeln-Verfügbarkeit absehbar.
Aber um an dieser Stelle vorzugreifen: Audi ließ nach Abschluss des Planungsprozesses trotzdem unsere Maschinen anliefern und lagerte sie zwischen, um den Umbau anzugehen, sobald alle Anlagen-teile geliefert waren. Wie Tino Leyrer weiter beschreibt, konnte der Umbau nach der Terminverschiebung reibungslos vonstattengehen. Im Winter 2022/23 ging es dann endlich los. Während der Umbauphase wurde die Kaltwasserversorgung über eine Mietkältelösung gesichert. Alles klappte wie geplant, so dass Audi die neuen Kältemaschinen schließlich im Mai 2023 in Betrieb nehmen konnte.
Sicherheitsanforderungen
Tatsächlich bedeutet "R717" höhere sicherheitstechnische Anforderungen. Dazu gehört beispielsweise eine Gaswarnanlage zur Leckage-Überwachung des Kältemittelkreises, die bereits der Sachverständige gemäß Betriebssicherheitsverordnung vorgab. „Wir haben interne Vorschriften, die die DIN EN 378 (Aufstellbedingungen für Kältemaschinen) sogar übererfüllen“, so Dieter Schelle. „Da Sicherheit und Arbeitsschutz bei Audi höchste Priorität haben, wir außerdem neue Erfahrungen mit Ammoniak sammeln wollen, kamen wir den erhöhten Anforderungen gerne nach.“