Gebäudeklima

Steigerung der Energieeffizienz durch Gebäudeautomation

Ein Überblick zu Vorschriften, Förderungen und Praxis

Mittwoch, 14.12.2022

Der Einsatz von Gebäudeautomation kann nachweislich den Energiebedarf senken. Denn bei ordnungsgemäßer Planung und Inbetriebnahme werden die technischen Gewerke damit bedarfsabhängig betrieben – im Gegensatz zum verbreiteten Dauer- oder zeitbasierten Betrieb. In Nichtwohngebäuden sind mit einer Automation oft 20 Prozent Einsparpotential und Amortisationszeiten von weniger als fünf Jahren möglich. Was ist entscheidend, damit dies gelingt?

Quelle: AdobeStock

Trotz der genannten Vorteile wird die Gebäudeautomation (GA) vielfach zu wenig berücksichtigt und in frühen Projektphasen werden wichtige Grundsatzentscheidungen nicht getroffen. Dazu müssten lediglich die grundlegenden Anforderungen zu Projektbeginn von zum Beispiel Architekt, Bauherrn oder Bauträger mitgestaltet werden. Wer ein paar elementare Aspekte berücksichtigt, erhält nicht nur eine funktionierende GA, sondern kann dazu auch Fördermöglichkeiten nutzen.

Vorschriften und gesetzliche Anforderungen

Die erforderlichen, energetischen Anforderungen an Gebäude werden in Deutschland durch das „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“ (GEG) geregelt. Dieses legt sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch die entsprechenden Berechnungsverfahren fest. Im Detail sind für Nichtwohngebäude (wie Büros, Verwaltungsgebäude, Einkaufzentren) die Berechnungsverfahren der DIN V 18599 anzuwenden. Für Wohngebäude gilt das gleiche, obwohl bis Ende 2023 noch Ausnahmen für ungekühlte Wohngebäude zulässig sind.

In der DIN V 18599 befasst sich Teil 11 mit den Einflüssen der GA. Der in diesen Teil geflossene Inhalt stammt größtenteils aus der Europanorm DIN EN 15232. Somit ergibt sich, dass die GA nicht nur zur Senkung der Betriebskosten beiträgt, sondern auch zu einer Verbesserung des Energieausweises und der Einhaltung der gesetzlichen Obergrenzen für den Primärenergiebedarf führen kann.

Im Hintergrund des GEG steht die europäische EBPD („European Performance of Buildings Directive“). Die aktuelle Version ist die von 2018. Wer sich mit dieser Version befasst, wird über die Intensität der Anforderungen an die GA überrascht sein. Die EPBD 2018 richtet den Fokus explizit auf die Regelung und Steuerung. Standen in den letzten Jahren eher Gebäudehülle und die Wahl und die Auslegung von Anlagentechnik im Mittelpunkt, so wurde ein starker Nachholbedarf in Sachen Regelung und Steuerung erkannt. Eine weitere Überarbeitung der EPBD ist derzeit in Vorbereitung. Insbesondere für Nichtwohngebäude soll die GA Pflichtbestandteil werden!

Zusammenhang zwischen den Vorschriften.
Quelle: IGT – Institut für Gebäudetechnologie
Zusammenhang zwischen den Vorschriften.

GEG Novelle 2023

Auch für das GEG steht eine Novelle an. Sie ersetzt voraussichtlich zum 1. Januar 2023 das aktuelle GEG. Im Kern wird eine deutliche Reduktion des Primärenergiebedarfs gefordert. Dabei bezieht man sich – wie üblich – auf ein sogenanntes Referenzgebäude, welches früher die Obergrenze des Primärenergiebedarfs vorgab. Dabei fordert bereits das aktuell gültige GEG einen Energiebedarf von lediglich 75 Prozent von diesem Referenzgebäude. Mit dem GEG 2023 wird dieser Wert auf 55 Prozent reduziert: Statt dem Effizienzhaus-Standard 75 wird der Effizienzhaus-Standard 55 für Neubauten von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden verbindlich vorgeschrieben. Relativ gesehen entspricht diese Verschärfung einer Reduktion von 26,6 Prozent. Aus Sicht der GA ist keine direkte Verschärfung geplant, wird aber als einer der Gründe genannt, die Obergrenzen des Primärenergiebedarfs weiter senken zu können.

Förderfähigkeit

Zum 1. Januar 2021 wurde vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) das Förderprogramm „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“ ins Leben gerufen. Es umfasst auch Einzelmaßnahmen der GA. Im Detail ist der förderfähige Umfang im „Infoblatt zu den förderfähigen Maßnahmen und Leistungen“ beschrieben und wird in Wohngebäude und Nichtwohngebäude unterschieden. Dieses Infoblatt ist auf der Homepage des BAFA verfügbar.

Wohngebäude

Für das Wohngebäude sei auf den Abschnitt 3.5.1 verwiesen. Dort sind einige Maßnahmen des Smart Home beschrieben, die grundsätzlich förderfähig sind. Darunter fallen nicht nur Smarthome-Controller sowie dessen Komponenten zur Raumtemperaturregelung, sondern auch Komponenten zur Automation von Verschattung, Lüftung und Beleuchtung. Das heißt, unter anderem Luftqualitätssensoren, Fensterkontakte, Präsenzsensoren, Beleuchtungsaktoren. Ergänzend sind auch die in den Abschnitten 3.5.2 (Systemtechnik), 3.5.3 (Schalttechnik, Tür- und Antriebssysteme), 3.5.4 (Elektroarbeiten) und 3.5.5 (Energiemanagement) beschriebenen Maßnahmen förderfähig.

Nichtwohngebäude

In Bezug auf Nichtwohngebäude wird in Abschnitt 3.6 darauf hingewiesen, dass grundsätzlich alle Maßnahmen förderfähig sind, die zur „Realisierung eines Gebäudeautomatisierungsgrades von mindestens der Klasse B nach DIN V 18599-11“ führen. Anschließend sind einige Beispiele aufgeführt, aber es wird darauf hingewiesen, dass diese Auflistung nicht abschließend ist.

Was ist nun im Detail diese „Klasse B“ und die ebenso förderwürdige „Klasse A“? Gemäß Abbildung 1 stammt der Inhalt der DIN V 18599-11 aus der DIN EN 15232. Die Klassen sind dort festgelegt und als Gebäudeautomation-Effizienzklassen wie folgt definiert:

▪ Klasse A: hoch energieeffizientes Gebäudeautomationssystem (GA-System) und Technisches Gebäudemanagement (TGM) ▪ Klasse B: erweitertes GA-System und einige spezielle TGM-Funktionen ▪ Klasse C: Standard GA-System ▪ Klasse D: GA-System, das nicht energieeffizient ist.

Abbildung 2 zeigt einen Ausschnitt aus einer Arbeitsdatei zur DIN EN 15232. Dort ist beispielhaft eine Frage zum Automationsgrad der Umwälzpumpe im Heizungsbereich dargestellt und es werden unterschiedliche Antwortmöglichkeiten aufgeführt. Zu erkennen ist, dass zum Verständnis und zur Beantwortung kein spezielles Wissen der GA erforderlich ist. Andere Fragen der DIN EN 15232 richten sich an die Kategorien Kühlung, Lüftung, Beleuchtung, Verschattung und so weiter. Wer weiß, was Umwälzpumpen, Heizregister oder eine Wärmerückgewinnung sind, wird die Fragen beantworten können.

Arbeitsdatei zur DIN EN 15232 und DIN V 18599-11.
Quelle: IGT – Institut für Gebäudetechnologie
Arbeitsdatei zur DIN EN 15232 und DIN V 18599-11.

In der Arbeitsdatei ist ersichtlich, zu welcher GA-Effizienzklasse eine jeweilige Antwort führt – dabei unterteilt in Wohngebäude (WG) und Nichtwohngebäude (NWG). Hilfreich ist die rechte Spalte „Funktionale Beschreibung“. Die Texte in dieser Spalte stammen nicht aus der Norm, sondern wurden vom Institut für Gebäudetechnologie (IGT) im Laufe der Zeit und im Rahmen von vielen Projekten entwickelt. Die dortigen Texte können zu Beginn eines Bauvorhabens als Vorlage für die Beschreibung der Anforderungen und Modernisierungsempfehlung verwendet werden.

Nun beziehen sich die förderfähigen Maßnahmen des Förderprogramms BEG auf die Klassen der DIN V 18599-11 und nicht auf die DIN EN 15232. Ganz wichtig zu wissen ist, dass von der DIN V 18599 nicht alle Fragen der DIN EN 15232 übernommen wurden. Es gibt daher Maßnahmen zu erhöhter Energieeffizienz, die im Rahmen des BEG Förderprogramms als „förderwürdig für Nichtwohngebäude“ betrachtet werden können, und solche, die zwar zu erhöhter Energieeffizienz führen und somit womöglich sinnvoll, in Bezug auf das BEG, allerdings nicht förderfähig sind.

Wesentliche Anforderungen an die Gebäudeautomation zur Leistungsphase 1 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).
Quelle: IGT – Institut für Gebäudetechnologie
Wesentliche Anforderungen an die Gebäudeautomation zur Leistungsphase 1 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).

Elementare Tipps

Wie zu Beginn erwähnt wurde, sollten die wesentlichen Weichenstellungen frühzeitig festgelegt werden. Zum einen sollten bereits zu Projektbeginn, Leistungsphase 1 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), die wesentlichen Anforderungen an die GA festgelegt werden. Idealerweise wird zum Projektstart von Bauvorhaben die grundsätzliche Ziel-GA-Effizienzklasse definiert. Im Detail ist das aber oft nicht möglich, da je nach Gewerk ein unterschiedlicher Automationsgrad sinnvoller ist. In diesem Fall muss bereits zur HOAI Leistungsphase 1 eine grobe Unterteilung vorgenommen werden. Abbildung 3 zeigt den Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Anforderungen und den damit verbundenen GA-Effizienzklassen.

Im späteren Verlauf des Projekts muss darauf geachtet werden, dass die Anforderungen an die Automation konkreter beschrieben werden. Dies sollte in Form von Funktionsbeschreibungen erfolgen. Sie sollten so aussagekräftig sein, dass damit die Checkliste der DIN EN 15232 beantwortet werden kann, wie sie im Abschnitt der Förderfähigkeit beschrieben wurde. An dieser Stelle wird betont, dass dies in der Praxis unüblich ist. Das heißt, Planer erstellen diese Funktionsbeschreibungen nicht oder nicht aussagekräftig genug. Daraus folgt, dass die GA später nicht optimiert in Betrieb genommen wird. Also: Darauf achten, dass eine umfangreiche „Funktionale Beschreibung“ vorliegt.

Fazit

Das Gewerk der GA gewinnt an Bedeutung. Wichtig ist, den Grad der Automation sinnvoll festzulegen und diese Anforderungen an die Planung und In-betriebnahme zu übergeben. Dafür sind etablierte Normen, Vorlagen und Tools verfügbar. Sie müssen angewendet werden.

Die erlaubten Obergrenzen für den Primärenergiebedarf werden immer mehr gesenkt und über die EPBD wird zunehmend die (weitere) Einführung von GA als wesentlicher Baustein für die ganzheitliche Energieeffizienz gefordert. Wesentliches Werkzeug zur Vorgabe der Anforderungen sowie Bewertung der GA ist die DIN EN 15232.

Prof. Dr. Michael Krödel Geschäftsführer IGT – Institut für Gebäudetechnologie GmbH 85521 Ottobrunn

Direkter Weg zu Praxishilfen

Eine Übersicht über die BEG Förderprogramme sowie zu den wesentlichen Änderungen und Konsequenzen aus Sicht der Gebäudeautomation im Entwurf des GEG 2023 und der EPBD-Novelle finden sich unter:

https://www.igt-institut.de/foerderprogramm-beg https://www.igt-institut.de/geg https://www.igt-institut.de/tipp-des-monats-01-2022

Die vier Gebäudeautomation-Effizienzklassen (Abbildung 3) gibt es hier: https://www.igt-institut.de/tipp-des-monats-02-2022 Aufgrund der Bedeutung der DIN EN 15232 stehen zwei Arbeitsdokumente zur Verfügung: Eine vereinfachte Datei, um die elementaren Anforderungen direkt zu Projektbeginn festzulegen, und eine erweiterte Datei mit Textvorschlägen für die „Funktionalen Beschreibungen“ zur HOAI Leistungsphase 1.

Fragebogen sowie Checkliste „Smart Home & Smart Office“ zum Ermitteln der sinnvollen Funktionen aus Nutzersicht: https://www.igt-institut.de/smart-home-fragebogen

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Samstag, 04.05.2024

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