Gebäudeklima

Vier Fragen – Sechs Meinungen (Teil 2)

Mittwoch, 23.11.2022

Stijn Renneboog: Das Bewusstsein für gesunde Innenräume wurde durch die COVID-19-Pandemie erhöht, ist aber leider in der Praxis nach wie vor ein sekundäres Anliegen. Dennoch sind die Funktionen von Anlagen für Heizung-Lüftung-Klima (HLK) zum Schutz von Gesundheit und Wohlbefinden der Gebäudenutzer unumgänglich: frische Luft zu liefern, Innenraumschadstoffe zu verdünnen oder abzuführen, im Sommer abzukühlen und im Winter zu wärmen sowie angemessene Feuchtigkeit zu erhalten. Dies sind unausweichliche Voraussetzungen für die sichere Belegung von Innenräumen. Dort eine angemessene Umweltqualität zu versäumen, bedeutet, den Nutzern Schaden zuzufügen. Dies ist eine Verantwortung, die jeder HLK-Ingenieur täglich trägt, und wir müssen das allen Stakeholdern besser vermitteln.

„Technische Potentiale mehr nutzen“, Dr.-Ing. Holger Neumann, Vorsitzender, Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein DKV e.V., Hannover.
Quelle: Dr.-Ing. Holger Neumann
„Technische Potentiale mehr nutzen“, Dr.-Ing. Holger Neumann, Vorsitzender, Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein DKV e.V., Hannover.

3. Zu welchen Inhalten wünschen Sie sich weitere vertiefte oder besonders ausführliche Informationen in künftigen Ausgaben des „KlimaJournals“? Bitte mit kurzer Begründung.

Benjamin Köhler: ▪ Co-Benefits und deren Berücksichtigung in Wirtschaftlichkeitsberechnungen: Werden diese in der Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt, zeigt es sich häufig, dass vermeintlich teurere Gebäudekonzepte auf Dauer für die Nutzenden günstiger sind – zum Beispiel weniger Krankheitstage, höhere Produktivität und Publicity für besonders gelungene Gebäude. ▪ Gesetzlicher Rahmen und Regulierung: Die Anwendung adaptiver Komfortmodelle/Temperaturgrenzen auch in aktiv gekühlten Gebäuden kann den Energiebedarf für Klimatisierung reduzieren. Eine Diskussion der Sinnhaftigkeit und (rechtlicher) Umsetzungsmöglichkeiten wäre wünschenswert.

Dr.-Ing. Holger Neumann: ▪ Vor allem wünsche ich mir eine kritische und ganzheitliche Betrachtung von Neuerungen. Begeistert wird auf Neuentwicklungen (auch aus dem Ausland) geschaut und Kunden sind oft enttäuscht, wenn nach der Installation die erwünschten Effekte nicht im erwarteten Bereich erkennbar werden. ▪ Ein Pro- und Contra und die Einschränkungen der Anwendbarkeit von Neuentwicklungen und Trends ständen einem kritischen Journal gut an.

Stijn Renneboog: ▪ Es gibt einen Mangel an Inhalten, die die Vorteile gesunder Innenräume zeigen. Jeder kann sich die Kosten einfach vorstellen – zum Beispiel für die Geräte, Installation, Energie und Wartung. Es ist leicht, Wert darauf zu legen. Die Vorteile sind hingegen komplexer und weitreichender: Ein Büro mit guter Raumklimaqualität kann Fehlzeiten reduzieren und die Produktivität verbessern. Schüler lernen in gesunden Klassenzimmern besser. Patienten genesen schneller in Krankenhäusern mit guter Raumluftqualität. ▪ Gebäude, in denen die Innenumgebung gepflegt wird, sind wertvoller und ergeben mehr Miete pro Quadratmeter. Wir können dafür nicht immer eine genaue Zahl ermitteln, aber wir wissen, dass sich Investitionen in gesunde Innenräume auszahlen. Das sollte besser sichtbar gemacht werden.

„Investitionen in gesunde Innenräume zahlen sich aus“, Stijn Renneboog, Stellvertretender Generalsekretär, Eurovent, Brüssel.
Quelle: Eurovent
„Investitionen in gesunde Innenräume zahlen sich aus“, Stijn Renneboog, Stellvertretender Generalsekretär, Eurovent, Brüssel.

4. Mit welchen Ansätzen/(Zukunfts-)Technologien rund um die Raumluft- und Klimatechnik in Gebäuden beschäftigen Sie sich derzeit, beziehungsweise wo finden sich gegebenenfalls konkrete Anknüpfungspunkte?

Benjamin Köhler: Ich beschäftige mich in erster Linie mit politischen, regulatorischen und techno-ökonomischen Fragestellungen rund um die Wärmewende und nachhaltige Gebäude in Deutschland und Europa. Der Fokus meiner Arbeiten liegt auf der Raumwärme und Trinkwarmwasserbereitung. Mit Blick auf die Klimatisierung spielen insbesondere Wärmepumpen, aber auch die Fernwärme und -kälte, sowie die Vermeidung von Überhitzung durch passive Strategien eine Rolle in meiner Arbeit.

Dr.-Ing. Holger Neumann: Die konkreten Anknüpfungspunkte ergeben sich durch die Themenschwerpunkte des Vereins. Der DKV ist der einzige deutsche technisch-wissenschaftliche Verein für die Bereiche der Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik. Zwei seiner Ziele sind die Weiterentwicklung dieser Technologien sowie die Förderung wissenschaftlicher und technischer Arbeiten auf den entsprechenden Gebieten. Der DKV wird somit den wahrscheinlich steigenden Bedarf der Raumklimatisierung beobachten und auch im Zusammenhang mit dem Vorschlag für eine neue F-Gase-Verordnung sowie der REACH-Verordnung die Kältemittelsituation für die Raumklimatisierung berichten.

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