Gebäudeklima

Optimale Arbeitsbedingungen

Smarter Gewerbe-Neubau in Südthüringen

Mittwoch, 24.05.2023

In Zella-Mehlis, am Fuße des Rennsteigs und nur wenige Höhenmeter von Oberhof entfernt, wurde Ende 2022 ein smartes Gewerbegebäude in Holzbauweise eröffnet. Bauherr ist die „Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG“. Das Unternehmen versteht sich als Spezialist für das Messen, Regeln und Steuern von Fluiden aller Art. Das macht sich nun auch in dem eigenen, neuen Gebäude bemerkbar. Wie genau interagieren hier Konstruktion und Technik im Sinne der Nachhaltigkeit?

Außenansicht des ökologischen und energieeffizienten Neubaus von „Fluid.iO“ – ein Gewerbebau aus Holz, bei dem Nachhaltigkeit und Gebäudetechnik Hand in Hand gehen.
Quelle: Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG
Außenansicht des ökologischen und energieeffizienten Neubaus von „Fluid.iO“ – ein Gewerbebau aus Holz, bei dem Nachhaltigkeit und Gebäudetechnik Hand in Hand gehen.

Die Einzigartigkeit der Immobilie entsteht durch die Verbindung aus modernster Bau- und Gebäudetechnik mit dem Know-how von „Fluid.iO“ im Bereich der Sensor- und Elektronikentwicklung: Die komplette Grundfläche von 800 m2 im Erdgeschoss ist mit einer reversiblen Flächenheizung mittels Betonkernaktivierung ausgestattet. Diese lässt sich entsprechend der Raumnutzung einzelraumbezogen steuern und regeln. Wärme und Kälte zum Heizen oder aktiven Kühlen des Objekts liefert eine reversible Luft-Wasser-Wärmepumpen-Kaskade. Sie besteht aus zwei Wärmepumpen mit 32 kW Gesamtleistung.

Hinzu kommt eine moderne Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, wobei Zuluft und Abluft raumweise und in Zonen unterteilt nach Temperatur, Feuchtigkeit und CO2-Konzentration separat steuer- und regelbar sind. Das bereichsweise Erfassen des Raumklimas und der CO2-Konzentration erfolgt mithilfe von selbst entwickelten Sensor-Elektroniken von „Fluid.iO“. Über einen zentralen CAN-Bus („Controller Area Network“), ein serielles Feldbussystem, lassen sich fast alle Aktoren automatisiert ansteuern. Dazu zählen Kuppelfenster, Lüftungsklappen, Fensteröffner und Jalousien.

Die Dachfläche des Gewerbe-Neubaus über der Produktion bietet viel Platz für die künftige Photovoltaik-Anlage. Elektrische Kuppelfenster bringen zusätzliches Tageslicht in die Produktion. Mittig zu sehen ist die Installation der Lüftungsanlage.
Quelle: Christian Scherschmidt, Architekt des Gebäudes
Die Dachfläche des Gewerbe-Neubaus über der Produktion bietet viel Platz für die künftige Photovoltaik-Anlage. Elektrische Kuppelfenster bringen zusätzliches Tageslicht in die Produktion. Mittig zu sehen ist die Installation der Lüftungsanlage.

Nachhaltigkeit als zentrales Ziel

Bereits während der Gebäudeplanung wurde besonderer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Deshalb fiel die Entscheidung auf den ökologischen und nachwachsenden Rohstoff Holz. Davon wurden insgesamt 100 m3 verarbeitet, die unter anderem für die 1.500 m2 große Holzrahmenbau-Wandfläche verwendet wurden. Darüber hinaus ist es gelungen, einen Teil des Holzes aus nachhaltiger Forstwirtschaft über kurze, regionale Lieferketten in Thüringen zu beziehen.

Das Gebäude ist bereits in die Zukunft gedacht: Zum einen ist eine Erweiterung der Produktionsfläche um eine weitere Etage schon in die Traglast einberechnet. Zum anderen lässt sich das Gebäude, sofern es irgendwann notwendig sein sollte, zu mehr als 95 Prozent recyceln.

Zusätzlich gibt es eine Zisterne mit 18.000 Liter Fassungsvermögen für Brauchwasser. Die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Flachdach über dem Produktionsgebäudeteil ist bereits in Planung und wird dazu führen, dass ein Großteil der Maschinen und Geräte im Gebäude CO2-neutral betrieben werden können.

Sie wird so dimensioniert sein, dass ausreichend Strom für das Betreiben der Lüftungs- und Klimatechnik, für verschiedene Produktionsmaschinen – wie Fräse, Druckluftkompressor und Bestückungsautomaten – produziert und gespeichert werden können. Weitere (überschüssige) Energie wird den Mitarbeitern für Ladesäulen für eBikes und Fahrzeuge mit Elektroantrieb bereitgestellt.

Innenansicht Besprechungsraum.
Quelle: Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG
Innenansicht Besprechungsraum.
Jeder abgeschlossene Raum im Gebäude verfügt über ein Touchpanel mit
Anzeige- und Einstellfunktion der klimatischen Bedingungen im Raum sowie für die Steuerung von Licht, Jalousien und gegebenenfalls elektrischen Fensteröffnern.
Quelle: Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG
Jeder abgeschlossene Raum im Gebäude verfügt über ein Touchpanel mit Anzeige- und Einstellfunktion der klimatischen Bedingungen im Raum sowie für die Steuerung von Licht, Jalousien und gegebenenfalls elektrischen Fensteröffnern.

Personenbezogenes Raumklima

Das Produktions- und Verwaltungsgebäude der „Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co KG“ fungiert als Labor für Gebäudeautomation und bedarfsgerechte Lüftung: Mehr als 50 Sensoreinheiten erfassen, protokollieren und überwachen permanent die Temperatur, die Feuchtigkeit als auch die CO2-Konzentration in den einzelnen Räumen. In Kombination mit dem dezentralen Heizungs- und Lüftungssystem sind für jeden Mitarbeiter optimale Arbeitsbedingungen in allen Gebäudebereichen sichergestellt. Alternativ können die Räume je nach Nutzer/Nutzung individuell und bedarfsgerecht über Bedienpanels mit Touch-Display in den gewünschten Parametern nachgeregelt werden.

Die Regelung der Heizung sowie der druckgesteuerten Lüftung erfolgt ansonsten vollständig automatisch über eine zentrale Steuereinheit innerhalb von einstellbaren Grenzparametern, wie Zieltemperatur, Grundlüftung und CO2-Grenzwert. Zum weiteren Steigern der Energieeffizienz wird in den Sommermonaten die Nachtkühle durch automatisch öffnende und schließende Fenster zur Lüftung und Temperierung der einzelnen Gebäudeteile genutzt. Das Gebäude atmet dann quasi von selbst.

Besonderer Wert wurde bei der Realisierung dieses nachhaltigen Gewerbebaus auf die raumlufttechnische Anlage gelegt, da sie wesentlichen Einfluss auf den CO2-Fußabdruck des Gebäudes hat. Leckagen an Luftleitungen erschweren den Transport von Zu- und Abluft in den Kanälen, erhöhen die Energiekosten und reduzieren die Luft-Hygiene. Für möglichst saubere und gesunde Luft sind deshalb luftdichte Lüftungssysteme entscheidend. Für die Beurteilung der Luftdichtheit der Lüftungsanlage für den Neubau in Zella-Mehlis liegt die DIN EN 1507 „Lüftung von Gebäuden“ mit der höchsten Luftdichtheitsklasse zu Grunde, so dass ein energieeffizienter Luftaustausch über das Lüftungssystem sichergestellt ist.

Echtzeit-Messdaten als auch historische Messdaten der einzelnen Messstellen sowie die Betriebszustände von Anlagenteilen werden in einer von „Fluid.iO“ selbst entwickelten Gebäudeleittechnik dargestellt. Sie ermöglicht über eine grafische Oberfläche die Überwachung der Sensoren im Haus sowie das Auslösen ausgewählter Steuersignale über das hauseigene Netzwerk. Die gesammelten und gespeicherten Langzeitmessdaten fließen in das Energie-Management des Gebäudes ein, um weitere Energie- und Betriebskosteneinsparungen zu erzielen.

Die Sensorelektronik passt in eine Unterputzsteckdose.
Quelle: Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG
Die Sensorelektronik passt in eine Unterputzsteckdose.
Entfernt man den Schutzdeckel mit Lüftungsschlitzen, zeigt sich die eigens von
„Fluid.iO“ entwickelte Sensorelektronik, mit welcher die Temperatur, Feuchtigkeit und CO2-Konzentration kombiniert erfasst und an die Gebäudeleittechnik übermittelt werden.
Quelle: Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG
Entfernt man den Schutzdeckel mit Lüftungsschlitzen, zeigt sich die eigens von „Fluid.iO“ entwickelte Sensorelektronik, mit welcher die Temperatur, Feuchtigkeit und CO2-Konzentration kombiniert erfasst und an die Gebäudeleittechnik übermittelt werden.

Ökologisches und energieeffizientes Gebäude

Unter dem Strich liegt der Primärenergiebedarf des Gewerbebaus bei 29,8 kWh/m2a. Damit erfüllt er die Anforderungen aus dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zu 247,7 Prozent. In Zella-Mehlis entstand so ein innovatives Gebäude, welches überregional für Interesse bei Forschung, Wirtschaft und Politik sorgt: Es hat das Potential, für den gewerblichen Neubau wegweisend zu sein.

Thomas Lipfert Leiter Marketing Fluid.iO Sensor + Control GmbH & Co. KG 98544 Zella-Mehlis thomas.lipfert@fluidio.de

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