Wärmepumpen im Zentrum neuer Versorgung

Zeit der Heizkessel ist vorbei - Ansichtssache von Dr. Jürgen Landgrebe, Umweltbundesamt

Wir erleben gerade, wie sich Gewissheiten auflösen: Das Klima erwärmt sich zusehends, der Krieg in der Ukraine stürzt uns in eine Energiekrise. Grund genug, uns endlich ernsthaft um eine Wende zu kümmern.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die aktuelle Situation: Lagen die Energiepreise bereits Ende 2021 im Zuge der wirtschaftlichen Erholung höher als gewohnt, erleben wir seit Russlands Überfall auf die Ukraine einen bis dahin ungekannten Sprung: Erdgas kostete gegenüber dem langjährigen Mittel von 6 bis 7 ct/kWh im September 2022 rund 21 ct/kWh. Zum Vergleich: Der CO!SUB(2)SUB!-Preis liegt 2022 brutto bei 0,6 bis 0,9 ct/kWh – geradezu eine Kleinigkeit im Vergleich zu den jüngsten Preisentwicklungen.

Hinzu kommt die Unsicherheit, wie viel Erdgas und Heizöl uns künftig zur Verfügung stehen werden, ob nun Russland die Ausfuhr einstellt oder es der Europäischen Union und Deutschland gelingt, sich unabhängig von russischen Energieimporten zu machen. Das führt uns vor Augen, wie sehr unser Wohlstand von Energieimporten abhängt.

Überhitzung des Klimas droht

Im Februar 2022 stellte der Weltklimarat IPCC den zweiten Teil seines sechsten Sachstandsberichts vor und warnte eindringlich: Die Klimarisiken für Ökosysteme und Menschen nehmen weltweit rapide zu, was die Lebensgrundlagen vor allem nachfolgender Generationen verschlechtern kann. So bedrohlich auch diese Diagnose ist, vermittelt der Bericht die Botschaft: Klimaschutz und Klimaanpassung können die Klimarisiken immer noch auf ein erträgliches Maß verringern, wenn wir endlich auf allen Ebenen schnell und konsequent handeln. Dazu gehört, möglichst viel Energie zu sparen und die restliche Nachfrage vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken.

Der Rahmen für die Klimaschutzpolitik steht

Kern des Handelns der Bundesregierung ist das Klimaschutzgesetz. Es legt für jeden Sektor verbindliche Ziele an Treibhausgaseinsparungen fest. Der Gebäudebestand ist nicht auf dem Zielpfad (Abbildung 1) und hat in der jüngsten Bilanz des Umweltbundesamts auch 2021 sein zulässiges Emissionsbudget überschritten. Daher hat das zuständige Ministerium wieder ein Sofortprogramm vorgelegt, um den Rückstand aufzuholen.

Einen finanziellen Anreiz die Treibhausgasemissionen zu senken, bietet der CO!SUB(2)SUB!-Preis für fossile Brennstoffe, der mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz im Jahr 2021 eingeführt wurde. Auf die Einführungsphase mit steigenden Festpreisen folgt ab 2027 die Handelsphase, bei der sich der Preis für zulässige CO!SUB(2)SUB!-Emissionen nach Angebot und Nachfrage richtet. Dabei ist wichtig: Das Angebot an zulässigen CO!SUB(2)SUB!-Emissionen wird jedes Jahr sinken, bis die Netto-Emissionen Deutschlands 2045 bei null liegen.

Die Erdgasbrücke ist eingestürzt

Lange galten Erdgas und Brennwertkessel als Brückentechnik in das Zeitalter der erneuerbaren Energien. Der Handlungsbedarf beim Klimaschutz, die immer geringeren zulässigen CO!SUB(2)SUB!-Emissionen und zuletzt der Krieg in der Ukraine machen deutlich: Die Erdgasbrücke ist eingestürzt. Jeder neue Gas- und Öl-Heizkessel wird über 20 bis 25 Jahre Treibhausgasemissionen verursachen, benötigt teure und knappe Energieimporte – und wird sich letztlich als Fehlinvestition erweisen.

Brennwertkessel auf grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien umzustellen, klingt zunächst nach einer verlockenden Idee. Jedoch kann niemand derzeit seriös abschätzen, wann grüner Wasserstoff verfügbar sein wird, in welcher Menge und, noch wichtiger: zu welchen Preisen. Denn die Konkurrenz um diesen Energieträger ist schon heute hoch. Ähnlich schwierig sieht es beim Holz aus: Die Menge an nachhaltig verfügbarem Brennstoff ist so gut wie ausgeschöpft, und bei der Verbrennung entstehen große Mengen an Luftschadstoffen.

Ausweg Wärmepumpe

Wärmepumpen stehen im Zentrum der zukünftigen Versorgung. Ihre Installationszahlen legten auch 2021 kräftig zu. Wenn ab 2024 neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie nutzen müssen, wird ihr Marktanteil noch stärker steigen. Inzwischen zeigt sich, dass sie auch in Bestandsgebäuden gut funktionieren. Daraus ergibt sich eine wichtige Dienstleistung für Hersteller und Handwerk: zu prüfen, ob sich ein Gebäude für eine Wärmepumpe eignet und Maßnahmen zu identifizieren, die ein Haus wärmepumpentauglich machen. Neben Luft gibt es mit Erdwärme, Abwasser oder Abluft energieeffizientere Wärmequellen.

Das alles erfordert viel Erfahrung und Fachwissen, die nach und nach vertieft oder aufgebaut werden müssen. Noch wichtiger als bei anderen Techniken wird dabei die Betriebsoptimierung sein, damit Wärmepumpen möglichst wenig Strom verbrauchen und wirtschaftlich beim Heizen und Kühlen arbeiten. Dabei dürfen auch Fehler gemacht werden. Man sollte nur bereit sein, aus ihnen zu lernen, sie auszubessern und dann nicht zu wiederholen. Beim großen Bedarf an Fortbildung und Erfahrungsaustausch sollte der Staat unterstützen, zumal das Handwerk sehr gut ausgelastet ist.

Alle müssen zur Transformation beitragen

Die Transformation des Gebäudebereichs ist eine gewaltige Aufgabe, die allen Akteuren viel abverlangt. Das bedeutet für Bund, Länder und Kommunen, noch förderlichere Rahmenbedingungen für Wärmepumpen zu schaffen – von Vorschriften und Fördermitteln über die Energiepreisgestaltung bis zur Hilfe bei der Fortbildung und Gewinnung von Fachkräften. Verbänden und Handwerkskammern fällt die Aufgabe zu, Fortbildung und Erfahrungsaustausch zu organisieren. Und schließlich brauchen wir motivierte Hersteller und Handwerker, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen den Umstieg auf Wärmepumpen in die Tat umsetzen. Klar ist, dass dies nur gelingen kann, wenn alle perfekt zusammenarbeiten.

Dr. Jürgen Landgrebe Fachbereichsleiter Klimaschutz, Energie, Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) Umweltbundesamt 06844 Dessau-Roßlau

Forschungsprojekt „Nachhaltige Gebäudeklimatisierung in Europa“

Der Effekt von Hitzeinseln in stark verdichteten Innenstädten ist nicht neu, gewinnt durch die globale Erwärmung jedoch an Brisanz. Durch Maßnahmen wie Dämmung, Begrünung, kontrollierte Belüftung und Photovoltaik lassen sich Gebäude energiesparend kühlen und behagliche Temperaturen im Außenbereich herstellen. Klimaneutralität wird jedoch nicht vollständig erreicht. Die Publikation vom Juni 2022 findet sich zum Download unter: [https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/nachhaltige-gebaeudeklimatisierung-in-europa ]

Weiterführende Informationen: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie

Mittwoch, 30.11.2022