TA Luft setzt auch EU-Luftqualitäts-Richtlinie um

Interview mit Rainer Remus, UBA

Die TA Luft ist die zentrale Immissionsschutz-Vorschrift für genehmigungsbedürftige Anlagen.

Zum Einstieg: Die „Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ (TA Luft) regelt, wie Genehmigungs- und Überwachungsbehörden die Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes umsetzen müssen. Richten sich die Anforderungen auch an die Betreiber von Anlagen?

Die TA Luft ist die zentrale Immissionsschutz-Vorschrift für genehmigungsbedürftige Anlagen. Als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift ist sie für Genehmigungsbehörden bindend. Dies betrifft die Gefahrenabwehr (Immissionsgrenzwerte) und Vorsorge (Emissionsgrenzwerte).

Die TA Luft enthält Anforderungen auf dem Stand der Technik. Die Behörden setzen diese um, indem sie im Genehmigungsbescheid dementsprechende Anforderungen festlegen. Die TA Luft erleichtert so den Behörden die Genehmigungspraxis. Gleichzeitig sorgt sie für die Wirtschaft für Rechts- und Planungssicherheit.

Worauf ist bei Neuanlagen zu achten? Solange es kein Genehmigungsverfahren gibt, fordern die zuständigen Behörden in der Regel keine Anpassungen im Bestand. Was sollten Betreiber und Verantwortliche hier trotzdem schon im Auge haben?

Für Neuanlagen gelten die Anforderungen der TA Luft seit dem 1. Dezember 2021. Neben dem Neubau von Anlagen muss man aber auch an die Änderung bestehender Anlagen denken, zum Beispiel durch Erweiterungen oder Verfahrensänderungen. Im Allgemeinen gelten für bestehende Anlagen die Anforderungen der TA Luft mit einer allgemeinen Übergangsfrist von fünf Jahren. Von den Behörden werden im Rahmen ihrer Überwachungsaufgaben bestehende Genehmigungen überprüft. Mit den Übergangsfristen soll die Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden, damit Betreiber nicht überfordert werden.

Was bedeuten die jeweiligen Grenzwerte bei den Immissions- und Emissionsanforderungen für die Praxis, insbesondere die Ausführung von Zuluft- und Abluft-Systemen?

Die Immissionsanforderungen stellen Grenzwerte dar, die am Standort der Anlage zum Schutz von Mensch, Tier, Pflanzen, Wasser und Boden im Normalfall nicht überschritten werden dürfen. Zur Begrenzung der Emissionen von Schadstoffen werden die Abgase in der Regel einer geeigneten Reinigungseinrichtung zugeführt. Auch Mindestschornsteinhöhen sind notwendig, die in der TA Luft mittels eines neuen Rechenprogramms ermittelt werden.

Das Freisetzen von Abgasen muss 5 m höher erfolgen als Oberkanten von Zuluftöffnungen, Fenstern und Türen von Arbeitsräumen in einem Umkreis von 50 m. Damit wird sichergestellt, dass belastete Abgase nicht als Zuluft wieder in diese Räume gelangen.

Momentan sind rund 50.000 Anlagen in Deutschland von der TA Luft betroffen. Wie sind Ihre Erfahrungen nach gut einem Jahr Gültigkeit der Vorschrift? Hat sich etwas verändert oder sollte es das – was gegebenenfalls?

Kurzfristig bemerkbar machen wird sich, dass Einzelmessungen aufgrund von „Besten Verfügbaren Techniken“ (BVT) Schlussfolgerungen an bestimmten Anlagen häufiger als bisher alle drei Jahre stattfinden müssen. Es wurden neue Anforderungen in die TA Luft aufgenommen, zum Beispiel eine effiziente Energienutzung oder die Geruchsimmissions-Richtlinie zum Schutz vor Gerüchen.

Vorsorgeanforderungen, die bislang eher empfehlenden Charakter hatten, sind verbindlich festgelegt (keimzellmutagene und reproduktionstoxische Stoffe, Bioaerosole). Vor allem für Anlagenarten, für die BVT-Schlussfolgerungen umgesetzt wurden, dürften nun anspruchsvollere Emissionsanforderungen gelten.

Bis die TA Luft 2021 zu Stande kam, dauerte es rund 20 Jahre. Sie setzt europäisches Recht in nationales um, was auch zu neuen, überprüften und angepassten VDI-Richtlinien und DIN-Normen führte. Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein?

Die erwähnten VDI-Richtlinien und DIN-Normen spielen innerhalb der TA Luft eine wesentliche Rolle, beispielsweise bei Messverfahren. Weitere europäische Anforderungen resultieren aus der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und der Industrie-Immissionsrichtlinie 2010/75/EU. Mit dieser werden für 35 Industriesektoren in Bezug auf die BVT Anforderungen festgelegt, die national umgesetzt werden müssen. Bis 2020 geschah dies mittels TA Luft, zukünftige BVT-Schlussfolgerungen werden durch eigenständige Verwaltungsvorschriften umgesetzt, die der TA Luft dann partiell vorgehen.

Die aktuelle TA Luft setzt auch die EU-Luftqualitäts-Richtlinie 2008/50 um. Auf Basis von Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation legte die EU Kommission am 26. Oktober 2022 einen Novellierungsentwurf vor, der ab 2030 das Einhalten strengerer Werte fordert.

Zum Abschluss: Ein weiterer Schritt für eine bessere und nachhaltige Luftqualität könnte eine schnellere, gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Umwelt, Klima und Biodiversität sein. Was ist hierfür aus Ihrer Sicht notwendig?

Für Industrieanlagen trägt die TA Luft diesem Anliegen durch den integrierten Ansatz, mit dem die Umwelt als Ganzes geschützt werden soll, bereits Rechnung. Die Luftqualität wird aber auch durch andere Emissionen beeinträchtigt. Die Einführung der Elektromobilität sollte daher im Sinne der Verringerung der Stickstoffdioxid-Konzentration unterstützt werden. Beim Thema „Feinstaub“ muss dem Zuwachs der Holzfeuerungen in Gebäuden Einhalt geboten werden. Die verpflichtende Einführung einer Abgasreinigung für diese Heizanlagen wäre ein erster Schritt. Eine weitere wesentliche Ursache für hohe Feinstaubwerte sind die Ammoniak-Emissionen der Landwirtschaft. Hierzu enthält die TA Luft neue Anforderungen.

Ergänzung: Was ist mit (Fein)Staub und Emissionen auf Baustellen?

Dazu ein Statement des Fachexperten Walter Gunreben, Abteilung Stoffliche Gefährdung, Hauptabteilung Prävention, der BG Bau – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft.

„Bei den Bemühungen um Staubmindern oder Reduzieren von Emissionen der Baustellen gibt es zwischen Umweltämtern und der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft gemeinsame Ziele. Dabei steht bei uns das Vermeiden und Reduzieren der Exposition der auf Baustellen tätigen Beschäftigten im Mittelpunkt. Viele Maßnahmen, die in Leitfäden und anderen Dokumenten angesprochen sind, sind daher auch aus Sicht des Arbeitsschutzes erforderlich und sinnvoll, sobald Beschäftigte von den durch Bautätigkeiten verursachten Emissionen betroffen sind. Insofern gibt es eine große gemeinsame Schnittmenge hinsichtlich der Schutzmaßnahmen.

Unser Auftrag als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung im Bau-Bereich bezieht sich insbesondere auf den Schutz der Beschäftigten auf Baustellen. Insofern stehen bei uns Maßnahmen im Fokus, die bei Bautätigkeiten (zum Beispiel Trennschneiden von Mauersteinen) die Staubexposition der Beschäftigten bereits so weit minimieren, dass der Ausführende der Tätigkeiten bereits in unmittelbarer Nähe der Tätigkeit nur noch eine geringe Exposition erfährt. Die BG Bau fördert staubarme Arbeitsweisen und -techniken, zum Beispiel durch Bezuschussung staubarmer Maschinen und Luftreiniger und fordert entsprechende Arbeitsweisen auf Basis der Arbeitsschutzvorschriften auf Baustellen ein.

Sofern bei einzelnen Tätigkeiten mit Atemschutz gearbeitet werden muss, weil das Arbeitsverfahren nicht staubarm durchgeführt werden kann, ist auch die Verhinderung der Ausbreitung von Stäuben oder anderen gesundheitsgefährlichen Emissionen ein Thema für uns, um andere Beschäftigte auf Baustellen zu schützen. Natürlich helfen solche Staubschutz-Maßnahmen an der Emissionsquelle dann auch wieder den Kolleginnen und Kollegen des Umwelt- und Immissionsschutzes."

Links zu relevanten Service-Angeboten der BG Bau zu Themen wie Asbest, Staubminderung und Bauen im Bestand, bei deren Umsetzung auf den Baustellen indirekt zur Einhaltung der TA Luft beigetragen wird, sind:

www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/asbest www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/staub www.bgbau.de/service/angebote/arbeitsschutzpraemien/praemie/schutzpakete-fuer-das-bauen-im-bestand

Weiterführende Informationen: https://www.umweltbundesamt.de

Freitag, 03.03.2023