Energieeffiziente Lüftung

Kontrollierte Wohnraumlüftung für Neubau und Sanierung

Wesentlicher Bestandteil eines Neubaus oder eines vorhandenen Gebäudes, das energetisch saniert wird, ist die kontrollierte Wohnraumlüftung (KWL). Bei der Modernisierung sollte die Lüftungsanlage spätestens nach dem Austausch der Fenster und der damit verbundenen Verbesserung der Luftdichtheit der Hülle erfolgen. Egal, ob im Altbau oder Bestand, es gilt stets, die jeweils optimale Lösung zu finden.

Um den wachsenden (Sanierungs-)Markt mit energetisch hochwertigen Lüftungsanlagen zu versorgen, sind vor allem kostengünstige Lösungen gefragt, bei denen die Einsparungen über den Lebenszyklus des Gebäudes höher oder zumindest gleich der Summe aus Betriebskosten und Investitionskosten sind. Ein konkretes Beispiel zeigt Abbildung 2. Ganz allgemein gesprochen, sind Lüftungsanlagen mit effizienter Wärmerückgewinnung (WRG) nicht nur aus energetischer Sicht interessanter als Abluftanlagen: Die gefilterte und vorgewärmte Zuluft erhöht den Nutzerkomfort.

Eine Lüftung, die die Passivhaus-Hygieneanforderungen erfüllt, führt außerdem zu einer messbaren Verringerung der Feinstaubbelastung in der Raumluft. Diese Anforderungen an die Hygiene und Luftqualität betreffen vor allem die relative Feuchte (r. F.) der Raumluft: mindestens 35 Prozent r. F. und maximal 65 Prozent r. F. sind anzustreben − ein CO!SUB(2)SUB!-Gehalt von etwa 1.000 bis maximal 1.500 ppm. Die Temperatur der Zuluft sollte immer etwa 17 °C oder wärmer sein. Zusätzlich sollte die angesaugte Außenluft gefiltert werden, um beispielsweise Staub oder Pollen abzuscheiden.

Wesentliche Voraussetzungen für eine kostengünstige Lüftungsanlage, mit Fokus sowohl auf die Investitions- als auch auf die Betriebskosten, sind

▪ ein kompaktes Kanalnetz, ▪ kosteneffektive Komponenten und vorgefertigte Systemlösungen, ▪ eine gute Integration des Lüftungsgeräts bei möglichst geringem Platzbedarf, ▪ Geräte und Luftverteilnetze, die für eine Sichtmontage geeignet sind sowie ▪ eine effiziente Betriebsweise.

Die genannten Aspekte werden im Folgenden diskutiert. Auf die ersten vier Optimierungsmöglichkeiten ist insbesondere bei schrittweise durchgeführten Sanierungen zu achten. Sie kommen meist vor, wenn Gebäude in bewohntem Zustand modernisiert werden. Deshalb ist es hier wichtig, die Installation der Lüftung möglichst schnell, einfach und störungsfrei umsetzen zu können.

1. Kompakte Kanalnetze

Sie reduzieren nicht nur den Druckverlust im späteren Betrieb, sondern auch den Aufwand für die Installation. Komfortlüftungsanlagen mit WRG (Zu-/Abluftanlagen) können wesentlich effizienter, kostengünstiger und wartungsärmer gebaut werden, wenn die Luftführung konsequent nach dem Prinzip der gerichteten Durchströmung erfolgt. Dabei kann die Zuluft nicht nur von den Zulufträumen in Flure und Ablufträume überströmen, sondern beispielsweise auch vom Schlafraum in den Wohnraum oder vom Abstellraum in das WC. Somit erfolgt ein Doppelnutzen in puncto Zu-/Abluft.

Im Rahmen des Projekts „Doppelnutzen“, Planungshinweise für komfort- und kostenoptimierte Luftführungskonzepte für Wohnbauten, entwickelte die Universität Innsbruck ein Planungstool, mit dessen Hilfe je nach Grundriss Hinweise für ein kostenoptimiertes Lüftungskonzept gegeben werden.

Anlagen für Wohngebäude können nach dem sogenannten Kaskadenprinzip geplant sein. Das Projekt untersuchte dafür auch die notwendigen Überströmöffnungen hinsichtlich Druckverlust und Luftschallschutz. Ein Beispiel dazu findet sich in der folgenden Abbildung. Eine weitere Option der Luftverteilung bieten aktive Überströmelemente. Das neue Konzept ist besonders für Sanierungen geeignet, da das Kanalnetz auf ein kurzes Abluftnetz reduziert werden kann. Die Idee besteht darin, die Zuluft nur in einen Raum (zum Beispiel im Flur oder Wohnbereich) einzubringen. Die Verteilung der Zuluft in andere, angrenzende Räume erfolgt über kleine Ventilatoren, wie sie sich im oberen Türbereich montieren lassen. Dabei haben diese einen sehr geringen Stromverbrauch von etwa 1 W. Die Rückströmung aus den Räumen zurück in den Zuluftbereich kann passiv über einen Türspalt oder ein Gitter geschehen.

2. Vorgefertigte Komponenten und Systemlösungen

Einige Hersteller bieten kombinierte Komponenten an, beispielsweise einen schallgedämmten Verteilkasten oder kombinierte Volumenstromregler und Schalldämpfer für den Abluft- und Zuluftstrang. Solche Systemlösungen reduzieren den Aufwand für die Installation, aber vor allem sind sie platzsparend und die Komponenten sind bereits aufeinander abgestimmt.

3. Optimierte Geräteintegration

Eine solche senkt die Investitionskosten und schafft mehr Wohnraum. Denn umbauter Raum ist teuer. Wird weniger Fläche im Gebäude für Lüftungstechnik benötigt, verbleibt mehr für die eigentliche Nutzung. Bei zentralen Anlagen kann eine Geräteaufstellung auf dem Dach oftmals eine gute Alternative zu einem Technikraum innerhalb der Immobilie sein.

Für dezentrale Einzelraum-Lüftungskonzepte sind Installationsvarianten interessant, die andernfalls ungenutzten Raum beanspruchen, zum Beispiel Geräte für Deckeninstallation. Eine interessante Option ist ebenfalls die Fassadenintegration, da hier die andernfalls hochwertig zu dämmenden Außen- und Fortleitungen auf ein Minimum reduziert werden können. Auch auf eine aufwändige Einhausung des Geräts kann verzichtet werden, sofern das Gerät im kontinuierlichen Betrieb entsprechend leise ist. Die Empfehlungen des Passivhaus Instituts lauten dafür: Schalldruckpegel im Wohnraum ≤ 25 dB(A), im Funktionsraum ≤ 30 dB(A).

4. Geräte und Verteilnetze für Sichtmontage

Vor allem bei Gebäudesanierungen kann durch Verwendung von Komponenten, die für eine Sichtmontage geeignet sind, der Aufwand für die Einhausung von Kanälen und Geräten erheblich reduziert werden: Zwischendecke, Vorwand oder Abkofferung. Das reduziert den baulichen Aufwand für aufwändige Trockenbauarbeiten.

5. Effiziente Betriebsweise

Sie erlaubt, möglichst hohe Einsparungen bei möglichst geringen Kosten zu realisieren. Für einen effizienten Betrieb der Lüftungsanlage sind im Wesentlichen vier Aspekte von Bedeutung:

▪ Verwendung hocheffizienter Lüftungsgeräte (Wärmebereitstellungsgrad ≥ 75 Prozent; Elektroeffizienz ≤ 0,45 Wh/m3) ▪ Druckverlustoptimiertes Kanalnetz ▪ Dauerhaft balancierte Betriebsweise (Balance zwischen Zuluft- und Abluftstrom) ▪ Regelmäßige Wartung der Lüftungsanlage. Die Empfehlung lautet hier: einmal jährlich im Herbst vor Beginn der Heizperiode mit Filterwechsel und Funktionsprüfung des Kondensatablaufs).

Durch verbesserte Ventilatoren konnten die spezifischen Leistungsaufnahmen der Wohnungslüftungsgeräte in den letzten Jahren deutlich reduziert werden. Verantwortlich dafür, gerade der kleineren Ventilatoren, ist die EC-Technologie bei den Motoren, also die Technik der elektronisch kommutierenden Gleichstromantriebe. Damit die Ventilatoren auch in der Praxis in einem effizienten Betriebsbereich laufen, müssen die Kanalnetze geringe Druckverluste aufweisen. Andernfalls kann auch bei Geräten mit – unter Laborbedingungen geprüfter – guter Stromeffizienz der Stromverbrauch deutlich höher ausfallen.

Eine weitere Voraussetzung für eine effiziente Betriebsweise sind dauerhaft balancierte Luftmengen. Nur auf diese Weise kann das Potential der WRG vollständig ausgeschöpft und damit die Energieeinsparung dauerhaft sichergestellt werden. Die Drosselung der Lüftungswärmeverluste, die mit einem System zur automatischen Volumenstrombalance erzielt werden können, sind umso höher, je höher der Wärmebereitstellungsgrad der Lüftungsanlage ist und je besser die Gebäudeluftdichtheit hergestellt wurde.

Anlagenkonzept: Zentral oder dezentral?

Diese Frage muss möglichst frühzeitig geklärt werden. Hierbei gibt es nicht die eine, richtige Lösung. Ob eine zentrale Lüftungsanlage für das gesamte Gebäude bevorzugt wird oder doch jede Wohnung eine eigene Lüftungsanlage erhalten soll, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem die architektonischen Voraussetzungen, die Art der Wohnungen (Miet- oder Eigentumswohnungen) und der gewünschte Zugang für Wartungsarbeiten.

Für beide Varianten sind gute und kostengünstige Lösungen verfügbar und unter Beachtung der jeweiligen Besonderheiten wie den Brandschutz für zentrale Systeme möglich. So gibt es auf der Webseite des Passivhaus Instituts unter dem Stichwort „Awards“ Informationen zu Lüftungslösungen, die im Rahmen des „Component Award“ von verschiedenen Herstellern vorgeschlagen werden.

Kristin Bräunlich, Dr. Berthold Kaufmann Wissenschaftliche Mitarbeitende Passivhaus Institut GmbH 64283 Darmstadt

Literatur

[1] Entwicklung von Energiedienstleistungen als Geschäftsmodell für die Umsetzung integraler energetischer Gebäudesanierungskonzepte im Nichtwohngebäude-Bestand (EDLIG) Grundlagenbericht − Evaluierung und Optimierung der Wirtschaftlichkeit von integralen Gebäudesanierungen, Autoren Martina Riel, Rüdiger Lohse, Hanna Appelt, KEA, Berthold Kaufmann, Oliver Ottinger, Witta Ebel, PHI, Christoph Jedek, IWU, Karlsruhe, 2018.

Weiterführende Informationen: https://passiv.de/

Mittwoch, 25.01.2023